Was übrig bleibt ... Lost Places

Vor der Haustüre: In einigen Städten im Ruhrgebiet kann man sehen, was bleibt, wenn die Industrie geht. Duisburg - ganze Stadtteile werden platt gemacht. In Wattenscheid und Gelsenkirchen sieht man die Armut täglich wachsen. Einmal mit der Bahn durchfahren und schnell weg. Trostlos. Das sind nur drei Beispiele. In anderen Städten wird es ähnlich sein, nur die sehen wir nicht. In Bochum wird gerade das Opelwerk abgerissen und es steht noch nicht fest, was kommt. Ein Ausflug nach Garzweiler zeigt das Ausmaß der Zerstörung durch die Braunkohlebagger. Nicht nur diese gigantische Grube. Für die Erweiterung werden fast alle kleinen Orte plattgewalzt. Wir haben in Immenrath eine 81-jährige Frau getroffen, die als einzige noch im Ort wohnte. Alle anderen waren schon weggezogen. Diesen Ort gibt es jetzt auch nicht mehr. Geisterorte, in denen nur noch Katzen rumlaufen. Da bleiben nicht mal mehr Ruinen übrig. Marode Gebäude fotografieren ist eine Sache, aber wenn die eigene Stadt davon betroffen ist, sieht man es anders. Wir sind durch die "blühenden Landschaften" im Osten gefahren. Da möchte man Fotografieren aber nicht leben. So viel zum Thema verbrannte Flächen.

Internet Recherchen in den letzten Jahren haben eine Fülle von interessanten Plätzen zutage gefördert. Bisher haben wir nur einen ganz kleinen Teil von unserer Liste abgearbeitet. Speziell in Deutschland mußten wir meistens feststellen, dass von einem Haus oder einer Fabrik nichts mehr stand. Oder dass das Objekt komplett eingezäunt wurde. Bevor ich die von uns besuchten Plätze beschreibe, hier erst mal eine eindringliche ...

WARNUNG
Was bei allen Ausflügen zu beachten ist: niemals alleine gehen. Ein Unfall ist schnell passiert. Selbst wenn man zu zweit oder dritt ist. Wenn eine Decke einstürzt, ist der Teufel los. Das passiert nicht so selten und ist, wenn es gut ausgeht, auch noch teuer, weil keine Versicherung zahlt.

Ruhrpott

Ringlockschuppen - in Herne ist mittlerweile komplett eingezäunt.

Krupp-Villenviertel - in Duisburg-Rheinhausen dürfte jetzt schon renoviert und vermietet sein.

Jahrhunderthalle - in Bochum. Bot uns von 1996 bis 1999 eine Vielzahl toller Motive. Das war unser ganz persönlicher Lost Place. Bei schönem Wetter verbrachten wir Stunden in den Hallen und auf dem Gelände. Es war ziemlich abenteuerlich. Bis auf das Dach der Ofenhalle geklettert. Mit Taschenlampe in die Katakomben. Das Gruseligste war ein kleiner Raum mit einem Gynäkologen-Stuhl und herumliegenden Spritzen. Ich war alleine und so geschockt, dass ich kein Foto von dem Stuhl gemacht habe. Einfach nur weg, bevor jemand kommt.
Meinen Jüngsten habe ich mal mitgenommen. Sein Kommentar: Mama, wenn ich gewußt hätte, wie es hier aussieht, dann hätte ich mir doch Sorgen gemacht.

Henrichshütte Hattingen 2015 - Interessant ist das (Freilicht-) Museum aus den Resten der ehemaligen Henrichshütte. Es ist zwar nicht groß, bietet aber sehr schöne Motive für HDR und Macro. Unbedingt das Labor ansehen. Bei Sonnenschein tolle Modive. Auch abends zur Extraschicht 2015.

Henrichshütte Hattingen 2020. Die Henrichtshütte ist immer einen Besuch wert. War nach 5 Jahren wieder mal dort. Schönes Wetter, nicht zu warm, vielleicht 10 Menschen auf dem Gelände. Durch Corona war der Eingang/Zugang verlegt worden und ich kam in eine Halle, die ich bis dato nicht kannte. Wunderbare Motive. Leider hatte ich ein neues, etwas wackeliges (Reise-)Stativ mit und konnte nur begrenzt HDR-Aufnahmen machen. Aber Hattingen ist ja nicht so weit weg. Noch mal hingefahren, mit dem richtigen Stativ. Fotografiert, bis die Augen schmerzten. Der Außenbereich wird langsam von Pflanzen überwuchert. Sieht toll aus, wenn Glyzinien die Eisengerüste hochranken.

LaPaDu Duisburg - Der Landschaftspark Duisburg lohnt sich. Ob an Wochenenden, FR SA SO, abends mit Beleuchtung LaPaDu bei Nacht oder tagsüber. Motive satt. Man kann bis auf 85 m hochsteigen und hat einen tollen Blick über den Ruhrpott. Die Sonnenuntergänge sind spektakulär. Außerdem gibt es dort ein sehr gutes Restaurant. Als ich das erste Mal dort war - bei tollem Sonnenschein - gab der Accu nach kurzer Zeit den Geist auf und ich hatte keinen Ersatz. Duisburg-Bochum-Duisburg sind gut 1 1/2 Stunden Fahrt. Bis ich wieder im LaPaDu war, hatte das Wetter auf grau geschaltet. Seit dem gehe ich nie ohne Ersatzaccus.
Die Nacht der Industriekultur, LaPaDu Extraschicht, bietet jedes Jahr besondere Attraktionen. Zum Teil sind dann Hallen geöffnet, in die man sonst nicht reinkommt, z.B. die Gebläsehalle. Infos finden Sie auch unter "Was ist wo?".

Garzweiler - Die Braunkohlebagger fressen Landschaften, Dörfer und Städte. Was bleibt, ist ein riesiges Loch.

Papierfabrik Hermes und Muskator-Werk, Düsseldorf - Die Fabrik gibt es seit 1911. 2008 mußte Insolvenz angemeldet werden. 2017 soll sie nun endgültig abgerissen werden, nach einer bewegten Zeit mit vielen Unfällen, Brandanschlägen und einem Mord (2017). Wir waren im Januar 2017 dort und haben keinen Eingang gefunden. Vielleicht auch besser so. Habe eben ein Video auf youtube angesehen. Innen nichts Spektakuläres, viel Schutt. Außen einige schöne Motive.

Zeche Klosterbusch, Bochum, liegt etwas versteckt am Wald. Sie wurde 1961 geschlossen, war dann teilweise von der Ruhr-Universität belegt und rottet nun vor sich hin. Habe das Gebäude zufällig bei einem Spaziergang entdeckt.

Nach oben

Harz, Berlin, Brandenburg - Sommer 2011

Es gibt nicht so viele zugängliche locations in NRW, so haben wir uns 2011 - ein wahnsinnig heißer Sommer - im Harz, in Berlin und in Brandenburg umgesehen. Es war sehr anstrengend,

Heinrich-Heine-Hotel - im Harz. Vermutlich schon abgerissen. Bei Goolge Earth finde ich es nicht mehr. Ein sehr großes Anwesen, die Hotelzimmer teilweise noch möbliert. Die Gänge in der Mitte recht "weich", so daß wir unsere Kameraausrüstung im Treppenhaus gelassen haben und uns sehr sehr vorsichtig bewegt haben.

Erholungsheim Duncker - im Harz. Zu 3/4 zugewachsen. Es gab kein Durchkommen. Aber die Frontseite war schon spektakulär genug. Wunderschöne Architektur. Einfach schade, dass so ein Anwesen über die Jahre verrottet. Monate später stand übrigens auf einer Internetseite, dass dort jemand durch die Decke gebrochen war.

Kaserne Vogelsang - in Brandenburg. Dort waren mal 15.000 russische Soldaten stationiert. Ein riesiger Komplex. Gut 3 km durch den Wald, zu Fuß, mit Rucksack und Stativ. Bei 30° im Schatten. Was wir dann fanden, war schon beeindruckend. Zimmerwände mit geometrischen, leicht psychodelischen Mustern, handgemalt. Schrille Farben. Jedes Zimmer anders. Einen Theater-/Kinosaal mit eingefallenem Dach, an dem noch die Lampen hingen. In einem riesigen Veranstaltungsgebäude eine tolle geschwungene Treppe. Oben dann ein Gang, in dem schwarze Bänder von der Decke hingen. Es waren die Befestigungen der Deckenpaneele. Sah aber toll aus. Privatsphäre auf den Toiletten gab es nicht. Mehrere Stehklos nebeneinander. Die Abrissbagger hatten schon mit der Arbeit begonnen. Wahrscheinlich ist alles abgetragen.

Landesirrenanstalt Teupitz - von Russen und Nazis benutzt, liegt in einer verwilderten Anlage. Muß mal sehr schön gewesen sein. 21 oder 22 Häuser, zum großen Teil zugesperrt oder verfallen. Es gab nur wenige Häuser, in die wir reinkamen. Bei den weiß gekachelten Becken mochten wir nicht nachdenken, wofür die wohl mal benutzt worden sind. Stromanschlüsse, die scheinbar über den Betten angebracht waren, brachten auch keine angenehmen Gedanken.
Wir haben Stunden dort zugebracht. Das war unser Lieblingsobjekt. Leider zu weit für einen Tagesausflug.

Kinderkrankenhaus Berlin - Das letzte Objekt das wir besuchten, war das ehemalige KKH Weissensee. An einer Hauptstraße gelegen mit regem Autoverkehr, Bus und Bahn. Wir fanden neben einem Trafohäuschen einen schmalen Durchgang. Gewartet, bis alles leer war und dann rein. Die Büsche so voller Blattläuse, dass ich mich heute noch schüttel, wenn ich daran denke.
Die Gebäude sehr verfallen und zugewachsen. Aber spektakulär. Wieder eine tolle Architektur. Das Treppenhaus aus Beton war bis auf das fehlende Geländer sicher. Entsprechend viele Fotos gemacht. Ansonsten den Schimmel und was sonst noch in und an den Wänden wohnte, ignorieren. Besonders toll war ein Gang mit einer blutrot gestrichenen Decke, von der die Farbe in Fetzen runterhing. Sah sehr gespenstisch aus. Drakula hätte das gefallen. Gemacht für einen Horrorfilm. In den oberen Etagen stets den Blick nach oben und nach unten, ob da was einstürzen kann.
Das Krankenhaus grenzte an eine aufgelassene Molkerei, die lustige Grafittis hatte. Dort war auch eine Halle, deren Decke so aussah, als würde sie beim nächsten Regen einstürzen.


Nach oben

Belgien

Belgien ist das Eldorado aller Fotografinnen und Fotografen. Die alten Fabriken, Kasernen und Zechen werden zum Glück nicht abgerissen und sind meist gut zugänglich. Die Belgier sehen es auch nicht so eng, wenn dort Leute rumkrabbeln.

Unseren ersten Tagesausflug nach Belgien unternahmen wir 2012. Cheratte, Fort de la Chatreuse - (wir fanden keinen Eingang); eine Christallerie (die leergeräumt war) und Abbaye Floreffe.

Hassard Cheratte 2012+2014 - in Lüttich. Ein etwas anstrengender Weg durch den Wald zum "Hintereingang". Wir hatten nur 2 Stunden Zeit, weil wir noch 3 andere Orte aufsuchen wollten. Die Zeche hat es uns angetan und wir sind 2014 noch mal hingefahren. Cheratte steht unter Denkmalschutz, was man vor Ort nicht merkt. Verfall ist Verfall. Architektonisch sehr schön, sieht aus wie ein kleines Schloss. Motive in mehreren Häusern und Hallen. Schöne Treppenhäuser, riesige Hallen. Im April 2014 haben wir 5 Stunden fotografiert, dann streikten die Augen.

Abbaye Floreffe - Nicht direkt ein Lost Place, aber einige Gebäude doch vom Zahn der Zeit angenagt. Die intakten Häuser dienen heute als Schule. Eine sehr schöne Kirche, in der wir mit Stativ fotografieren durften. Die Menschen sehr freundlich. Zur Abtei gehörte ein sehr schöner Friedhof. Bei einem Grab war der Steindeckel zur Seite gerückt, als wäre Drakula in Eile gewesen.

Die zweite Reise ging nach Antwerpen. Auf dem Plan stand die ehemalige Forensik von Antwerpen, das Schloß Het Steen, die Stadt und der Hauptbahnhof. Und die ehemalige Handelskammer von Antwerpen. Wir konnten leider nur einen Blick durch ein verdrecktes Fenster werfen. Das Gebäude wurde renoviert. Hier sind nur die Fotos von der Forensik und dem Schoonselhof.

Antwerpen 2012. Inmitten eines großen Friedhofs sollte das ehemalige Gebäude der Forensik von Antwerpen liegen. Wir waren nicht sicher, ob es wirklich die Forensik war. Aber das Gebäude von außen sehr schön. Dazu noch das leicht verwitterte Schloss Schoonselhof.

Die dritte Reise nach Belgien ging über zwei Tage, weil wir bis nach Charleroi wollten.

Collieries du Guffre 2013 - in Charleroi. Eine Zeche, von der nur noch ein kleiner Teil steht. Sehr interessant. Ich glaube die einzige Zeche, die komplett aus Betonteilen gefertigt wurde. Tolle Rundbögen. Genügend Motive. Ein Wolkenbruch zu Anfang, so daß wir die Kameras wegpacken mußten. Sehr viele große Löcher in den Decken. Nachdem der Regen aufhörte, konnten wir ausschwärmen. Die Betondecken der ersten Etage hatte so viele Löcher, dass wir beim rückwärts gehen echt aufpassen mußten. Es ging bestimmt 10 m tief runter. Insgesamt war die Zeche motivmäßig sehr ergiebig.

Collieries Fort Taille 2013 - in Charleroi. Ebenfalls eine Zeche mitten in einem Wohngebiet. Das Zechengelände sehr weitläufig und teilweise zugewuchert. Wir wurden schon im ersten Haus überrascht mit Chippendale-Möbeln und einem alten Klavier. Das hätten wir ja nicht erwartet. Ich hatte im Internet nur zwei Fotos gesehen von einer Halle mit eingefallenem Dach und einem maroden Turm. Die Freude war also groß. Die Ausbeute an Fotos auch.

Carolo Beton - 2013 - in Charleroi. Durch den Wolkenbruch am Morgen war alles voller riesiger Pfützen. Es war nicht leicht einen Eingang zu finden. So kletterten wir über eine wenig vertrauenswürdige Eisenleiter, durch ein sehr enges Treppenhaus ins Innere. Motivmäßig nicht überragend. Und wir stellen dann fest, es führt ein einfacher Fußweg hinein und hinaus.

Werkshalle 2013 - in Charleroi. Gegenüber von Carolo Beton liegt eine 600 m lange Halle. Den Weg dahin zu finden, war nicht so einfach. Aber das Innere der Halle bei Sonnenschein super. Lichtspiele durch die Löcher im Dach. Allerdings klapperten die großen Dachplatten ziemlich stark im Wind. Aber keine kam runter.

Bahnhof Montzen 2015 - Laut Internet sollten in dem Bahnhof alte Eisenbahnwaggons abgestellt sein. Sozusagen ein Eisenbahnfriedhof. Der Bahnhof war noch da, aber keine Züge. Die alten Gleise zum großen Teil abgebaut und neue Gleise verlegt. Das ganze Gelände war modernisiert worden und der Bahnhof stand zum Verkauf. Zum Glück war das Bahnhofsgebäude selbst noch nicht bearbeitet worden. Viele Schalterräume teilweise noch möbiliert. Natürlich hatten Menschen auch ihren Müll in den Räumen abgeladen. Das ist ja normal. Wir konnten jedenfalls wieder mal feststellen, wie Internet und Realität nicht übereinstimmen.

Bahnhof Hombourg 2015 - Ein weiterer Bahnhof mit alten Waggons. Blauer Himmel und Sonnenschein. Das Bahnhofsgebäude sehr schön renoviert und in eine Festhalle umgewandelt. Die alten Waggons gab es tatsächlich in mehr oder minder schlechtem Zustand. Aber eine Menge schöner Motive. Alles ähnlich wie das Eisenbahnmuseum in Bochum.

Strumpffabrik Du Parc 10/2016 - Die Fahrt hat sich gelohnt, die Reste von Du Parc stehen immer noch. Den geplanten Eingang konnten wir nicht nehmen, weil ausgerechnet dort Straßenbauarbeiten im Gang waren. Aber es gibt ja immer Wege hinein. Vier Stunden sind wir herumgelaufen und haben unzählige Fotos gemacht. Durch HDR-Technik ist auch was zu sehen, denn im unteren Bereich war es sehr sehr, dunkel. Sind mit Taschenlampe gelaufen, weil wir echt nicht sehen konnten, was auf dem Boden lag. Aber insgesamt toll, sicher eine zweite Reise wert.
Nach oben